Regensburg, das weiss sogar die UNESCO, ist eine schöne Stadt. Regensburg, das scheint die Stadtverwaltung so beschlossen zu haben, soll aber immer noch schöner werden. Denn es ist kurz vor der Wahl, und mit Law & Order hat man bei gewissen Personengruppen schon immer super Punkten können. Schön sauber, möglichst durchuniformiert. Das geht bei der Bestuhlung der Freiflächen los, und endet beim „Langhaarigen Bombenleger“, dessen Fahrrad eben zu wertvoll für ihn aussieht.
Die Inszenierung der Stadt als Disneyland Themenpark wäre perfekt, gäbe es da nicht den gemeinen Regensburger Bürger. Der einfach tut, was er will. Den Radweg falschrum benutzen zum Beispiel. Alkohol in der Öffentlichkeit trinken. Nachts vor der Kneipe laut lachen. Das Stadtleben durch Kreativität und Straßenkunst bereichert. Stures Pack. Was sollen denn die Wähler da denken? Greift denn da keiner ein?
Weil Mutti den Regensburgern kein Benimm eingebläut hat, schickt die Stadtverwaltung als Obermutti das Ordnungsamt, den Sicherheitsdienst und mittlerweile auch die Bereitschaftspolizei los, um all jene Regensburger zu erziehen, die sich einfach nicht an ihre Statistenanweisungen halten wollen. In einer absurden Mischung aus Stepford Wives und Truman Show sollen alle eingenordet werden, die die Altstadt unsachgemäß benutzen.
Einen passenden Grund für den Polizeieinsatz gibt es auch, findet der Bürgermeister, als er wieder auf die Straße blickt(eigentlich wollte er nur Falschparker aufschreiben): Der Drogensüchtige. Diese Hascher haben ja eh noch nie irgendwas für die Gesellschaft getan. Und beim Stammtisch erntet er auch immer Lob für das CSU-Motto: „Hascher an die Wand, des is doch bloß a arbeitsscheues gsindel des unser Geld verraucht“.
Gute Idee, findet auch die Polizei, und schiebt mal eben die Drogensüchtigen vor. Ob die Altstadt denn ein Drogenbrennpunkt ist, oder nicht vielmehr andere, der Polizei wohl bekannte Orte, spielt dabei keine Rolle. Stattdessen macht man genau eines:
Kackendreist den Bürger über die Beweggründe anlügen. Einen Dreck geht es um Drogensüchtige!
Die Studentenkneipen in der Altstadt indes werden verdrängt (zu laut, ziehen potenziell gefährliche Wildpiesler an), die Studenten gleich mit (auch laut, lungern rum, sehen nicht schön aus). Dafür hat man ja extra neue Schuhschachteln Wohnheime gebaut, die auch noch unglaublich teuer sind, juchu!
Das Alkoholtrinken auf öffentlichen Plätzen wird eingeschränkt (Biertrinken ohne Lederhose und Maßkrug geht gar nicht, zu laut, sieht nicht schön aus), die Sperrstunde der Kneipen indes nicht gelockert (können sich die Leute nicht woanders amüsieren? Am Stadtrand vielleicht?). Leben findet in Regensburg nur mehr nach Plan statt.
Vermutlich bekommen dann die letzten verbleibenden Bewohner der Regensburger Altstadt demnächst in Briefwurfsendungen erklärt, welche konkrete Statistenrolle die Stadt ihnen zugedenkt. Die Parole lautet lächeln und winken, der Dresscode ist Dirndl und Lederhose. Wer nicht doll genug winkt wenn der Touristen-Castor vorbeirollt, wird halt aus der Altstadt rausgeschmissen. Wie die Kneipen. Wie die Studenten. Wie quasi alle, die die Stadt noch normal benutzen wollen, wie man eine Stadt halt so benutzt.
Aber weisst du was, liebe Stadtverwaltung? Wir haben keinen Bock auf Disneyland. Wir sind immer noch mündige Bürger und lassen uns nicht gängeln. Wir benutzen die Stadt, wie man eine Stadt benutzen sollte: aktiv, lebendig, flexibel. Schickt doch lieber mal den Putzdienst statt die Bereitschaftspolizei. Damit wäre allen mehr geholfen.
Weitere Fotos zu der Aktion findet ihr in Flickr: http://www.flickr.com/photos/69687267@N02/sets/72157633379389478/ Oder in Facebook: https://www.facebook.com/media/set/?set=a.417109671719626.1073741825.292446314185963&type=1